Jede dritte Frau hat bereits Gewalt durch ihren jetzigen oder ehemaligen Partner erlebt. Ehe und Partnerschaft sind nicht nur Orte der Liebe, der Nähe, des Vertrauens und der Harmonie, sondern auch Orte der Konflikte, des Streits, des Hasses und der Gewalt.
Gewalt in engen sozialen Beziehungen beginnt oft schleichend und endet in einem Teufelskreis.Viele Betroffene hoffen, dass sich die Situation wieder zum Besseren wendet, doch oft trügt diese Hoffnung. Betroffen sind Frauen jeden Alters, jeder Nationalität und jeder religiösen oder ethnischen Zugehörigkeit. Gewalt ist keine Privatangelegenheit, sondern eine Straftat.Durchschnittlich sieben Jahre lang ertragen Frauen ihre gewalttätigen Männer, ehe sie sich Hilfe suchen.
Gewalt zeigt sich dabei in unterschiedlichen Formen
Körperliche Gewalt
Körperliche Gewalt beginnt nicht erst beim Zuschlagen. Zu körperlicher Gewalt gehört unter anderem: schubsen, fest anpacken, sodass es schmerzt, stoßen, treten, mit Gegenständen werfen, an den Haaren ziehen, mit den Fäusten zuschlagen, den Kopf gegen die Wand stoßen, Zigaretten auf der Haut ausdrücken, Attacken mit Gegenständen, Messern oder Waffen usw. bis hin zum Mordversuch oder Mord.
Meist findet körperliche Gewalt nicht als erste und einzige Form von Gewalt statt, sondern geht einher mit einer oder mehreren der folgenden Gewaltformen.
Psychische, emotionale und soziale Gewalt
Hierzu zählen eine permanente Kontrollausübung (Was machst Du? Wo bist Du? Mit wem sprichst Du? Für wen machst Du dich schick?) und ständige abwertende Kommentare (Du bekommst sowie nichts hin! Wie siehst Du wieder aus? usw.)
Anschreien, ignorieren der Betroffenen, Gesprächsverweigerung, verbieten von Kontakten zu Freunden und/oder Familie kennzeichnen diese Gewaltformen ebenso wie das Herabwürdigen von Freunden oder vor Freunden/Familie/Kindern. Teilweise werden persönliche Dinge zerstört, um Macht zu demonstrieren.
Psychische, emotionale und soziale Gewalt ist schwerer zu erkennen, sie beginnt oft schleichend und ist Dritten schwer zu vermitteln. Hier wird die Seele verletzt, was nach außen hin nicht sichtbar ist.
Ökonomische Gewalt
Diese Form der Gewalt wird über die finanzielle Kontrolle ausgeübt. Betroffene verfügen in der Regel nicht über einen eigenen Zugang zum Konto. Geld wird für gemeinsame Kosten, wie Essen etc. zugeteilt. Eigene Wünsche müssen begründet werden und die Betroffenen können nur über geringe Summen eigenständig verfügen. Ein eigenes Konto wird in der Regel nicht zugelassen.
Ebenso ist der Partner oft nicht damit einverstanden, dass die Frau einen Beruf ausübt oder er entscheidet, welche Arbeitsstelle angenommen werden darf. Bei Menschen mit mangelnden Deutschkenntnissen kann es die soziale Isolation verstärken, wenn der Besuch von Deutschkursen unterbunden wird.
Sexualisierte Gewalt
Dazu zählen alle sexuellen Handlungen oder Kommunikationen, die der Betroffenen aufgedrängt oder aufgezwungen werden und gegen deren Willen stattfinden, unabhängig davon, in welcher Beziehung sie sich zum Gewaltausübenden befindet.
Jede Form unerwünschter sexueller Kommunikation, wie obszöne Worte und Gesten, aufdringliche und unangenehme Blicke, das Zeigen oder Zusenden sexueller Inhalte und/oder von Pornografie sowie Vergewaltigung, versuchte Vergewaltigung, sexueller Missbrauch, sexuelle Belästigung und alle Formen sexueller Bedrohung, Übergriffe oder Ausbeutung, die einen Eingriff in die Würde und Freiheit der Betroffenen darstellen, bedeuten sexualisierte Gewalt. Es geht den Tätern nicht um Lust und Erotik, sondern um Macht.
Digitale Gewalt
Zur digitalen Gewalt zählen Belästigung, Ausgrenzung, Nachstellung (Stalking) oder Bedrohung über das Handy (WhatsApp, SMS, Signal, Telegram, …) oder Internetplattformen (Facebook, Instagram, Snapchat, …).
Bei der digitalen Gewalt geht es den meisten Tätern darum, Ihre Opfer zu ängstigen oder zum Schweigen zu bringen. Sie wollen sie herabsetzen, ihren Ruf schädigen, sie sozial isolieren, zu einem bestimmten Verhalten nötigen oder erpressen.
Belästigung und Nachstellung (Stalking)
Zu dieser Form von Gewalt zählen ständige Anrufe, auch mitten in der Nacht, Drohbriefe, Bespitzelung oder Verfolgung am Arbeitsplatz und Zuhause. Auch die indirekte Kontaktaufnahme über dritte Personen, Beschimpfungen sowie das Eindringen in Wohnräume oder Lebensbereiche wie den Arbeitsplatz, den Verein oder das Fitnessstudio zählen dazu. Unerwünschte Geschenke oder Bestellungen im Namen der Betroffenen, das Zerstören von Eigentum sowie das Androhen von Gewalt bis hin zu tatsächlichen körperlichen oder sexuellen Übergriffen werden teilweise im Zusammenhang von Stalking ausgeübt.
Oft sind es Ex-Partner, die diese Form von Gewalt ausüben und die Trennung nicht akzeptieren wollen. In manchen Fällen werden auch Bekannte, Arbeitskollegen oder völlig Fremde zu Stalkern.
Stalking kommt vom englischen Begriff „to stalk“. Er kommt aus der Jagd und bedeutet so viel wie “Anschleichen” oder “Anpirschen”. Stalker zwingen Betroffenen den Kontakt auf. Es geht ihnen nicht um eine Beziehung, ihr tatsächliches Ziel sind Macht und Kontrolle.
Broschüre für Betroffene und Interessierte
Hier finden Sie Informationsmaterial des Ministeriums für Familie, Frauen, Kinder und Integration in mehreren Sprachen:
Zur Broschüre "Gewalt in engen sozial Beziehungen beenden" (PDF)